Gerhard Richter – November, 2013, signiert und nummeriert, limitierte Auflage 800 Exemplare, gebundener Einband, 72 Seiten, Text Englisch. VERGRIFFEN.

G.Richter schuf ‘November’, eine Reihe von 54 Werken mit Tusche und Benzin auf Papier, im Jahre 2008 (Werkverzeichnis Editionen CR – 156). Bei diesen Arbeiten verwendete er verschiedene Möglichkeiten, die Konsistenz der Tusche und ihre Strömung auf dem stark saugenden Papier zu manipulieren. Die Tusche durchdringt dabei das Papier und so werden zwei zusammengehörige Bilder geschaffen, eines auf der Vorderseite und eines auf der Rückseite bei jedem der insgesamt 27 Blätter. In einigen Fällen verwendete Richter auch Lack-oder Bleistift. Dann schuf G.Richter einen kompletten Satz von Faksimiles, damit beide Seiten der 27 Blätter gleichzeitig betrachtet werden können. Jedoch ist die Reihenfolge der gespiegelten Blattpaare der Bilder unterbrochen, da einige der Motive um 180 Grad gedreht wurden. Dieses Buch nun zeigt die Bilder aller Blattpaare, jeweils eines auf der Vorderseite und eines auf der Rückseite und am Ende sehen Sie einen Überblick über alle 54 Werke. Jede Seite ist datiert, entsprechend der Reihenfolge ihrer Produktion.


800 scheint eine neue magische Zahl im Universum Gerhard Richters zu bilden, denn in dieser Auflage erscheint sein neues Künstlerbuch „NOVEMBER“. In gleicher Höhe waren zuvor die Titel „PATTERNS“, und „Sindbad“ in den Handel gekommen, als deren Fortsetzung oder Entwicklung „NOVEMBER“ angesehen werden kann.
Zunächst einmal zeigt das Buch 54 Tuschezeichnungen, die auf ungewöhnlich dicken Karton gedruckt wurden. Dahinter befinden sich eine Bildübersicht auf 6 Seiten sowie 3 Seiten erläuternder Text von Dieter Schwarz in englischer Sprache.
Die 54 Tuschezeichnungen sind Vorder- und Rückseite von originalen 27 Blättern im Format 210 x 297 mm (DIN A4), die für den Druck um einige Millimeter vergrößert wurden. Man sieht dunkle Farbverläufe in denen Schwarz und Violett überwiegen. Weiß und Grau ergänzen die Farbpallette. Auf wenigen Blättern sind Bleistiftzeichnungen hinzugefügt. Die Farbverläufe erscheinen organisch, erinnern an eine Zellkultur in der Petrischale. Sie wirken wie in einer Bewegung erstarrt.
Die Originalfarbe wurde so auf den Karton aufgebracht, dass sie durch ihn hindurch auf beiden Seiten sichtbar wurde, sie sickerte gleichsam durch ihn hindurch. Dadurch entstand auf der Vorderseite eine Art „gewolltes“ oder von Künstlerhand entworfenes Primärbild. Das auf der Rückseite entstandene „ungewollte“ Sekundärbild wurde von Richter bearbeitet und zu einem eigenständigen Bild weiterentwickelt, das er, wie die Vorderseite, datierte und signierte. Beiden Seiten sind durch den gemeinsamen Grund des Kartons für immer untrennbar miteinander verbunden.

Beim Durchblättern des Buches fällt nicht sofort auf, dass es sich um die Vorder- und Rückseite einer einzelnen Originalseite handelt. Die Parallelität fällt erst auf, wenn man die Bildübersicht erreicht. Das Buch unterstützt so die Idee des Künstlers, dass es sich um eigenständige Arbeiten handelt. Durch die Trennblätter sieht man jeweils nur eine einzelne Vorder- oder Rückseite. Das Buch ist hier in bestem Sinne ein idealer Träger der Idee des Bildes.

Dieses Buch führt den Weg fort, den Gerhard Richter mit „Sindbad“ beschritten hatte. Im Gegensatz zu dessen bunten, kräftigen und lebenslustigen Farbverläufen kommen hier eher dunkle Anteile zum Tragen. Die Arbeiten entstanden allesamt im November 2008, ein halbes Jahr nach „Sindbad“. Der Titel bezieht sich also einerseits auf den Entstehungsmonat, andererseits verstehe ich ihn als Hinweis auf einen Lebensabschnitt. Daher mag es kein Zufall sein, dass sich die Bilder im Laufe des Monats immer stärker verringern. Zu Beginn ist von dem weißen Karton, auf dem die Arbeiten entstanden, wenig zu sehen. Zum Ende hin jedoch wird der weiße Anteil größer und die gestalterischen Elemente werden weniger. Das letzte Blatt zeigt nur noch einige ausgefranzte Punkte in schwarz und grau.

Der Gedanke, das in dem Bild mehr steckt, als das Bild selbst, dem geht Richter schon seit längerer Zeit nach.
Bei der Werkgruppe „Sindbad“ hatte Richter von der überflüssigen Farbe der Hinterglasbilder Monotypien auf bedruckten DIN A 4 Blättern abgenommen und so gleichsam eine Rückseite geschaffen. Diese stellten dann aber ein eigenes Werk dar, das Richter mit Datum aber ohne Titel signierte und von der Serie „Sindbad“ völlig loslöste. (Diese Monotypien wären ein hübscher Ergänzungsband zu „Sindbad“.)

Bei „PATTERNS“ verarbeitete er mit dem Computer Ausschnitte aus einem seiner abstrakten Gemälde so, dass großformatige Streifenbilder entstanden. Er nahm damit vorhandenes Material auf und lenkte den Blick auf ein Detail, das zwar immanent vorhanden war, aber von uns so nicht gesehen wurde.

In „NOVEMBER“ schließlich nimmt Richter die vorhandene Rückseite und bezieht sie in den Bildprozess mit ein.
So wie „Sindbad“ das schönste Buch Gerhard Richters ist, könnte „NOVEMBER“ sein wichtigstes sein.

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